Schifferl setzen.
Im
oberteirischen Mariazellerland wird alle Jahre um den 5. Dezember ein
uraltes
Brauchtum gepflegt, das es in der Art nur in dieser Gegend gibt: Das
Schifferlsetzen.
Sorgfältig gefaltete- bunt bemalte Papierschifflein,
versehen
mit allerhand lustigen Sprüchen, (*siehe Anhang), werden von
Kindern
klammheimlich Onkeln, Tanten, Paten, Bekannten oder Verwandten unterm
Türspalt
hindurch in die Wohnung gemogelt, wobei man ungemein vorsichtig,
sorgfältig
und einfallsreich vorgehen muss, da die liebe Verwandtschaft grad an
diesem
Tag besonders aufmerksam ist: Man darf sich hierbei nämlich nicht
ertappen lassen, ansonsten ist der Sinn des Brauches nicht gültig.
Tante, Onkel, etc. sollten nicht wissen, wer das Papierschiff „gesetzt“
hat.
Am nächsten Tag
wird
das Schifflein, das inzwischen mit allerlei Süßigkeiten
gefüllt
ist, hochoffiziell abgeholt.
Es ist dies ein alter
Heischebrauch.
In unserer heutigen Wohlstandszeit nicht mehr ganz adäquat, war er
damals jedoch für die zum Teil bettelarmen Keuschlerkinder eine
rare
Notwendigkeit gewesen. Teilweise wird dieser Bettelbrauch heute noch
praktiziert,
jedoch - wie schon eingangs erwähnt - nur mehr des Brauchtums
wegen.
Denn: Wer, heutzutage würde sich noch die Mühe machen, auf
diese
Art und Weise Apfel, Nuss und Mandelkern zu bekommen…
*Schifferlsetz-Sprüche in
steirischer
Mundart:
I bin a kloans Binkal... Und stell mi
ins Winkal.
Weil i nix kaun, faung i nix aun…
I bin a kloana Pumpernigl, i bin a
kloana
Bär
und wie mi Gott erschoffn hot so kim i
heit daher…
Die obersteirische Mundartdichterin, Frau Oberschulrat Imma Waid+, hat diesen einzigartigen Vorweihnachtsbrauch in Form eines Mundartgedichtes vortrefflich geschildert:
's Nigloschifferlsetzen is a
zellerischer
Brauch, is a schens, a oltes Herkemma.
I bitt enk recht freundli, ös Leitln,
losts auf! Loßt's enk die oltn Bräuch doh nit nehma!
Bei Bürger und Bauer san Schifferl
gestzt worn, host gsegn die kloan Schifferlleit renna,
jo, ban letztn kloan Keischerl hobn sies
a no valorn, häst gmoant, durt wurd neamb mehr hinkemma.
Do hots halt koan Neiddn, koan Zruckholtn
gebm, die d Schifferl san gfüllt worn ganz schleini;
Mit Kletzn und Öpfi und Nussen
sovül,
obndrauf kimb a Lebzölt noh eini.
Heint is da Niglotag, san d' Schifferl
zan holn, da Kinda seids brav, tats nit streitn!
Grüaßrs Godi und Gödn,
vageßts nit in Dank und trachts a, daß hoamkemmts bazeitn!
Die Kinda holn d' Schifferl, sagn: "Dank
scheen, gölts Gott!" habn Herz und Händ voll mit Freudn.
Ban Hoamgehn falln d' Flockn, es luschpert
da Bach,
St. Nikolaus folgg jo bald's Christkindl
nach,
wia scheen san die halign Zeitn!
's Nigloschifferlsetzn is a zellerischer
Brauch, a liabs, a freundlichs Herkemma.
I bitt enk halt no amol, loßts den
doh nit auf, tats in Kindern däi Freid nit wegnehma!
top
nach oben